Die Biosphäre Bliesgau im Frühling

22 Die Rundschau für das Biosphärenreservat Bliesgau März – Mai 2024 50 Jahre Gemeinde Mandelbachtal: Wie vor 50 Jahren im Bliesgau eine neue Kommune geschaffen wurde Die Gemeinde Mandelbachtal wurde vor 50 Jahren gegründet. Am 1. Januar 1974 wurden die vormals selbstständigen acht Gemeinden Bebelsheim, Bliesmengen-Bolchen, Erfweiler-Ehlingen, Habkirchen, Heckendalheim, Ommersheim, Ormesheim und Wittersheim zu dieser neuen und viel größeren Gemeinde zusammengefasst. Eine Gemeinde Mandelbachtal hat es vor 1974 nie gegeben. Das schöne Mandelbachtal ist damit die einzige Gemeinde im Saarland, die nicht nach einem vorher schon bestehenden Ort benannt worden ist. Ein Dorf mit dem Namen Mandelbachtal sucht man aber auch heute noch auf der Karte vergeblich. Darüber hinaus wohnen gut zwei Drittel der Einwohner der Gemeinde auch überhaupt nicht in dem für unsere Kommune namensgebenden Tal, in dem der Mandelbach fließt. Wie ist die Gemeinde dann aber eigentlich zu ihrem ungewöhnlichen Namen gekommen und und wie ging das damals zu, als sie 1974 geschaffen wurde? Alles fing damit an, dass die saarländische Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Franz-Josef Röder (1909 - 1979), gut zehn Jahre nach dem Anschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland, größere und leistungsfähigere kommunale Verwaltungseinheiten schaffen wollte. So sollten die teilweise sehr kleinen saarländischen Gemeinden den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Anforderungen der Zukunft besser gewachsen sein. Ausgerichtet an der Durchschnittsgröße und Leistungsfähigkeit der neuen Verwaltungseinheiten, sollten danach auch die Aufgaben zwischen dem Land und den Gemeinden und Landkreisen neu verteilt werden. Vater der geplanten Kommunalreform war Anfang der 1970er Jahre der damalige Innenminister Ludwig Schnur (1909-1997), der im Volksmund meist nur - gut saarländisch - als „de Fissääl Loui“ bezeichnet wurde. Dieser ging ausgesprochen kühn ans Werk und legte schon 1970 einen ersten Entwurf über den Neuzuschnitt der saarländischen Kommunen vor. Aus den 345 saarländischen Gemeinden sollten 50 neue, größere gebildet werden. Dies geschah in einer Zeit, in der in fast allen Bundesländern Gebiets- und Kommunalreformen durchgeführt wurden, allerdings teilweise mit ganz anderen Ansätzen als bei uns im Saarland. Wie zu erwarten war, stießen die Planungen der Landesregierung zunächst auch auf Widerstand der Kommunalpolitiker und der Bevölkerung vor Ort, die sich vielerorts massiv gegen die geplanten Zusammenschlüsse mit allen Mitteln, auch juristischen, zur Wehr setzten. Der Grund für diesen Widerstand lag vor allem darin, dass bei der geplanten Verwaltungsreform oftmals nur bedingt auf althergebrachte Verkehrsströme, historische Hintergründe und auch nicht auf gewachsene Ressentiments zwischen den Orten Rücksicht genommen wurde. Mit der Verkündung des Gesetzes zur Vorbereitung der kommunalen Gebietsreform kam die Geschichte am 17. Dezember 1970 ins Rollen und sorgte für eine lebendige, öffentliche Auseinandersetzung, die sich am Schlussbericht einer von Minister Schnur eingesetzten Arbeitsgruppe zur Neugliederung der Orte entzündete. Nach dem vorgelegten Neugliederungsvorschlag sollten die selbstständigen Gemeinden Biesingen, Aßweiler, Erfweiler-Ehlingen, Wittersheim, Bebelsheim und Habkirchen, die alle im Mandelbachtal lagen, zu einer neuen Gemeinde zusammengefasst werden. Da es sich aber dabei ausschließlich um kleine Dörfer handelte und die neu zu schaffenden Gemeinden nach den Vorgaben des Ministeriums nach Möglichkeit um die 10.000 Einwohner haben sollten, wurde das große Dorf Bliesmengen-Bolchen hinzugenommen, das in den ersten Entwürfen eigentlich dem Nahbereich Kleinblittersdorf zugeordnet worden war. Umgangssprachlich wurde wegen des geografischen Zuschnitts in den nachfolgenden Diskussionen und Beratungen bei dieser Kommune meist nur von der „Mandelbachtalgemeinde“ gesprochen. Die Dörfer Ormesheim, Ommersheim und Heckendalheim hingegen sollten zusammen mit den beiden anderen ehemals bayrischen Dörfern Eschringen und Ensheim zum ehemals preußischen Saarbrücken hinzukommen. Von den Menschen vor Ort wäre stattdessen eine sogenannte „Flughafengemeinde“ aus den fünf Dörfern rund um den Flughafen präferiert worden, allerdings lief es seitens des Ministeriums schon bald darauf hinaus, dass die fünf Orte wohl zu Saarbrücken eingemeindet werden sollten, da die Landeshauptstadt den Flughafen gerne in ihrem Stadtgebiet haben wollte. Auf dieser Grundlage kam es in den Dörfern zu massiven Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten, die auch quer durch die Parteien und die Bevölkerung verliefen. Jeder hatte andere Präferenzen und Vorstellungen. Um ein klares Stimmungsbild zu erhalten, wurden in den Dörfern 1973 auch Bürgerbefragungen durchgeführt, mit denen die Meinung in der Bevölkerung abgefragt werden sollte. Aber auch nach diesen Abstimmungen gab es mancherorts kein klares Stimmungsbild. In Bliesmengen-Bolchen wollte zum Beispiel etwa die Hälfte der Bevölkerung (564 Einwohner) lieber zur neuen Gemeinde Kleinblittersdorf gehören, die andere Hälfte (579 Bewohner) lieber zur neuen „Mandelbachtalgemeinde“. Die Einwohner von Ormesheim tendierten eher zur geplanten Großgemeinde „Mandelbachtal“, als zu einer Zugehörigkeit zu Saarbrücken. 70,08 % der Ormesheimer sprachen sich bei der Bürgerbefragung am 23. April 1972 für einen Anschluss an die „Mandelbachtalgemeinde“ aus und nur 29,92 zog es in die große Stadt Saarbrücken. In Ommersheim und Heckendalheim, die in der Geschichte stets von einem gemeinsamen Amt verwaltet worden waren, zog es die Bewohner eher nach St. Ingbert, nur wenige hatten keine Probleme mit Saarbrücken, wieder andere fanden größeren Gefallen an einer Zugehörigkeit zur „Flughafengemeinde“. Letztlich sah es aber noch bis in den Sommer 1973 stark danach aus, als ob Ommersheim und Heckendalheim zusammen mit Ensheim und Eschringen zu Vororten von Saarbrücken werden sollten. Erst im Oktober 1973 wurde im Innenministerium schließlich endgültig entschieden, dass Ommersheim und Heckendalheim ebenfalls in die neu konzipierte Einheitsgemeinde „Mandelbachtal“ einbezogen und die Gemeinden Aßweiler und Biesingen aus der geplanten Gebietskörperschaft herausgenommen und der Stadt Blieskastel zugeordnet werden sollten. Damit war der Zuschnitt der künftigen Großgemeinde, die schon am 1. Januar 1974 ihre Arbeit aufnehmen sollte, vollzogen. Die neue Gemeinde stellt sich dem Ministerpräsidenten Werner Zeyer (Mitte) vor. Rechts im Bild der spätere Kämmerer der Gemeinde Hans-Bernhard Faas. Der erste Bürgermeister Theo Carlen (links) gratuliert bei der Siegerehrung eines Wettbewerbs des Verkehrsvereins Mandelbachtal Wie ein zartes Pflänzchen musste die neue Gemeinde Mandelbachtal erst wachsen und gedeihen. Eine gute Hand hatte hier Bürgermeister Theo Carlen (rechts).

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