Die Biosphäre Bliesgau im Frühling

23 Die Rundschau für das Biosphärenreservat Bliesgau März – Mai 2024 Die Gemeinde Mandelbachtal erhielt ihren Namen nach dem wunderschönen Tal zwischen Aßweiler und Habkirchen, in dem auch die Hälfte ihrer Ortsteile liegt. Das ist den meisten wohl bekannt. Aber woher hat der etwa 13 km lange Bach seinen eigentümlichen Namen? Gab es früher hier bei uns Mandelbäume? Tatsächlich ist diese Theorie gar nicht so weit hergeholt. Im Süden der Pfalz, zwischen dem Oberrhein und der Haardt, herrscht ein so mildes, nahezu mediterranes Klima, dass dort auch exotische Pflanzen wie die Mandelbäume gedeihen. Jedes Jahr stehen sie dort im März und April in voller Blüte. Es wird angenommen, dass diese Mandelbäume von den Römern mit in die Vorderpfalz gebracht wurden. Nach der Ernte werden die Mandeln jedes Jahr zu beliebten regionalen Produkten verarbeitet, wie beispielsweise zu Mandelbrot, Mandelpralinen und Mandeleis. So ist es auch kein Wunder, dass in der Pfalz viele Flurbezeichnungen nach der Mandel benannt wurden, wie zum Beispiel der „Gimmeldinger Mandelgarten“, die „Maikammerer Mandelhöhe“ oder der „Edesheimer Mandelhang“. Warum sollte also nicht auch der Mandelbach, der ehemals im Westen der Pfalz lag, seinen Namen von den Mandelbäumen haben? Eine nette Theorie, aber sie ist leider völlig falsch. Was es hingegen am Mandelbach und auch an allen anderen Bächen in der Gemeinde sehr zahlreich gibt, sind Weidenbäume. Eine davon ist - die „Mandelweide“. Dabei handelt es sich um einen kleinen Baum, der bis zu zehn Meter hoch werden kann. Man sieht ihn oft im Bliesgau. Seinen deutschen Name „Mandelweide“ trägt der Baum, weil seine Blätter denen von Mandeln zum Verwechseln ähnlich sehen. Besonders schön sind übrigens jetzt im Frühjahr die Kätzchen an den Mandelweiden, die gleichzeitig mit den Blättern entstehen. Noch häufiger als die Mandelweide findet man am Mandelbach Kopfweiden und Korbweiden, oft auch Hybride, die sich aus der Korbweide und der Mandelweide gebildet haben. Die genannten Auengebüsche sind an fast allen Bachufern in der Gemeinde Mandelbachtal zu finden. Diese Pflanzen fühlen sich auf unserem sickernassen, nährstoffreichen und basenreichen Kalkboden ausgesprochen wohl. Auch Überschwemmungen machen ihnen nichts aus. In früheren Jahrhunderten waren die Ufer der Bäche regelrecht gesäumt von diesen Bäumen. So erscheint es also viel wahrscheinlicher, dass man den vorbeifließenden Bach aufgrund der zahlreichen Mandelweiden als „Mandelbach“ bezeichnet hat. Dies aber nicht nur, weil die Kätzchen der Mandelweiden so schön anzusehen sind. Tatsächlich waren die Weiden für die Menschen im Mandelbachtal in vergangenen Jahrhunderten ein ganz wichtiger Rohstoff. Die Weiden wurden früher als Flechtweide zum Bau von Körben und Zäunen verwendet. Über Generationen wurden aus den Ästen robuste und hübsche Körbe geflochten, denn mit der Arbeit mit Binde- und Flechtpflanzen waren unseren Vorfahren noch bestens vertraut. Da die Mandel- und Kopfweiden bei uns von besonderer Qualität waren, wurden sie auch gerne mal von Bewohnern umliegender Dörfern gestohlen. So wurde von gleich mehrere Zeitzeugen berichtet, dass Korbmacher aus Bierbach (die sogenannten „Bierbacher Kerrbcher“) gerne hin und wieder ihre Weiden auch verbotenerweise am Mandelbach ernteten. In dem von den Gebrüdern Grimm verfassten Deutschen Wörterbuch, das erstmals 1854 aufgelegt wurde, ist auch etwas zu der „Mande“ zu finden. Als „Mande“ oder „Mandel“ bezeichnete man aus Weiden geflochtene, runde Körbe in Form eines umgekehrten Kegelstumpfes, mit einem Bügel quer über dem Körbchen. Diese Korb-Art wurde seit der Keltenzeit als „Mandel“ bezeichnet. Auch dies untermauert die These, dass der schöne Mandelbach seinen Namen eigentlich von den Weidenbäumen an seinem Ufer erhielt. Nicht nur die Bäumchen heißen also so, sondern auch die Produkte, die aus ihnen gemacht wurden. Interessant ist, dass der Begriff Mandel in früheren Jahrhunderten in unserer Region auch als Mengeneinheit gebraucht worden ist. So sind die „Mandel“, also die kleinen geflochtenen Körbchen, von den Frauen im Bliesgau meist dazu verwendet worden, abends im Hühnerstall die Eier einzusammeln. In der Regel gingen in eine Mandel genau ein Dutzend Eier. Eine halbe Mandel waren somit sechs Eier, wobei diese Körbchen entsprechend kleiner waren. Nach Auskunft des Heimatkundlers Gunter Altenkirch setzten sich diese Einheiten auch in den Eierschränkchen der Arbeiter fort. Normalerweise fasste in deren Schränken das „Eierblech“ nämlich ebenfalls genau sechs oder zwölf Eier. Auch die später industriell produzierten „Eierhörtchen“ aus Pappe enthielten noch zwölf Eier. Im benachbarten Lothringen ist dies übrigens teilweise immer noch so. Bei den kleineren Hörtchen ist es auch bei uns bis heute bei einer halben Mandel geblieben, also bei 6 Eiern. Inzwischen haben sich in unserer modernen Gesellschaft die Lebensgewohnheiten so stark verändert, dass das Wissen um das Korbflechten und die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Weidenbäume an den Bächen weitgehend verloren gegangen ist. Die Bezeichnung Mandel für selbst geflochtene Weidekörbchen ist weitgehend in Vergessenheit geraten. In den Dörfern gibt es auch längst keine Korbflechter oder Besenbinder mehr. Besenbäume und Flechtzäune, die früher prägende Elemente unserer Kulturlandschaft waren, sind völlig aus unseren Ortsbildern verschwunden. Leider konnten nur sehr wenige Flechtwerke dem nagenden Zahn der Zeit standhalten. Funde aus früheren Jahrhunderten sind daher rar, oft findet man nur noch Abdrücke der Flechtwaren im getrockneten Lehm oder Ton. Ausgrabungen zeigen, dass selbst der Hausbau mit geflochtenen Wänden in unserer Gegend eine uralte Tradition hat. Stangenholz, rund oder gespalten, wurde senkrecht in den Boden gesteckt, und dazwischen wurden die dünnen biegsamen Weidenäste quer durchgewunden, sodass ein festes Flechtwerk entstand. Mit Strohlehm beworfen und mit Lehm verputzt wurden so haltbare und gut isolierende Wände gebaut. An keltischen Nachbauten in den Ausgrabungen im benachbarten Reinheim lässt sich gut die Technik von geflochtenen Wänden erkennen. Auf jedem Bauernhof wurden im Mandelbachtal früher Besen gebunden und Körbe geflochten. Der Bedarf an stabilen Wirtschaftskörben, Tragkörben und Aufbewahrungsgefäßen war groß, und vor allem die Altbauern und Frauen fertigten und reparierten in den Wintermonaten die so dringend benötigten Korbwaren. Inzwischen erinnern nur noch die zahlreichen Mandel- und Kopfweiden in der Gemeinde Mandelbachtal an eine Zeit, in der diese Bäumchen und die aus ihren Ästen geflochtenen Körbe so wichtig waren, dass sogar der vorbeifließende Bach nach ihnen benannt worden ist. Aus dem Bach wurde so der Mandelbach, aus dem Tal das Mandelbachtal und im Jahr 1974 die neugeschaffene Gemeinde, die Gemeinde Mandelbachtal. Texte: Manfred Pfeiffer Mandelbachtal – von Natur aus schön Wie die Gemeinde Mandelbachtal zu ihrem Namen kam und was das mit zwölf Eiern zu tun hat Da aber nach wie vor Saarbrücken darauf bestand, dass alle baulichen Anlagen des Flughafens auf dem Stadtgebiet Saarbrücken liegen sollten, verlangte das Innenministerium, dass der Gebietszipfel, auf dem die Leuchtfeueranlage des Flughafens Ensheim liegt, noch aus der Gemeinde Ormesheim ausgemeindet werden sollte. Diesem Vorschlag stimmte der Gemeinderat Ormesheim in seiner letzten Sitzung am 23. November 1973 zu. So kam es, dass von Ommersheim kommend, die Flughafenstraße und der Teil rechts daneben ab der Einmündung nach Ormesheim nicht mehr zu Mandelbachtal, sondern zu Saarbrücken gehört. Ein Teil des Wanderweges „Rund um Dalem“ verläuft demnach auf Saarbrücker Gelände. Weiß auch nicht jeder. Als einzige Gemeinde im Saarland hatte dieses neue Gebilde „Mandelbachtalgemeinde“ aber immer noch keinen Namen. Eine Lösung, wie sie zum Beispiel in Gersheim gewählt wurde, den Namen des größten Ortsteiles zu nutzen, war in unserer Gemeinde nicht machbar. Die Bebelsheimer, Wittersheim, Menger, Ommersheimer und auch alle anderen Dörfer wollten auf gar keinen Fall zu Ormesheimern werden. Gleichzeitig hatte sich der Arbeitsname „Mandelbachtal“ inzwischen aber bei vielen im täglichen Sprachgebrauch durchgesetzt und klang schließlich lange nicht mehr so fremd, wie anfangs. So wurde er letztlich zum Namen einer Gemeinde, in der jedoch wesentlich mehr Menschen an der Blies und am Saarbach als am Mandelbach leben. Nachdem der saarländische Landtag am 19. Dezember 1973 das von der Landesregierung vorgelegte Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Landkreise des Saarlandes beschlossen hatte, trat es zum 1. Januar 1974 in Kraft. In der neu gebildete Gemeinde Mandelbachtal wohnten zu diesem Zeitpunkt rund 11.400 Menschen auf einem Gebiet von 57,81 km². Damit gehört sie flächenmäßig zu den größten Gemeinden des Saarlandes. Eine Rundfahrt durch alle acht Ortsteile beträgt stolze 28 km. Eine Gemeinde im Aufbau. Hier Kultusminister Werner Scherer im Bagger, rechts im Bild Bürgermeister Theo Carlen und sein Erster Beigeordneter Albert Uth Mit neuen Begrüßungsschildern wurde der Gast in der neugeschaffenen Gemeinde willkommen geheißen

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